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Freudiger Fund: Nashornkäfer hat sich am jüdischen Friedhof Deutz angesiedelt

23. November 2021 | Jüdischer Friedhof Deutz

Seit mehr als zwanzig Jahren wird der jüdische Friedhof auf der Schäl Sick in Deutz vom städtischen Gärtner Erich Reichart betreut, der auch wöchentlich Unterstützung von Helfer*innen des BUND Köln erhält. Nun konnte dort eine geschützte Käferart entdeckt werden.

Männlicher Nashornkäfer (Oryctes nasicornis) Männlicher Nashornkäfer (Oryctes nasicornis)  (Christian Wartke)

Das Pflegekonzept des Gärtners Erich Reichart für den jüdischen Friedhof mag unkonventionell und umständlich wirken, doch zielt sein Konzept auf Erhaltung und Förderung der Biodiversität ab. So hat sich über die Jahre auf dem Friedhofsareal ein echtes Schätzchen der Artenvielfalt in Flora und Fauna entwickelt, in denen sich auch gefährdete Arten ansiedeln konnten. Und das mitten in der Großstadt!

Ein spektakulärer Fund konnte vor kurzer Zeit gemacht werden: Im über die Jahre hoch aufgetürmten Komposthaufen wurde eine ganze Kolonie von Nashornkäfern (Oryctes nasicornis) und ihren Engerlingen gefunden.  Die Tierchen gelten laut §1 Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) als „Besonders geschützte Tierart“. Man erkennt die Käfer leicht an ihrem glänzenden rotbraunen Panzer und die Männchen zudem an ihrem imposanten und namensgebenden Horn. Die Weibchen besitzen kein Horn. Auch die Engerlinge beeindrucken durch ihre Größe, die bis zu 10 cm erreichen kann. Optisch erinnern sie an riesige Maden, besitzen aber zusätzlich kleine Beinchen und am Kopf ein deutlich ausgeprägtes Mahlwerkzeug.

Nashornkäfer haben es in unserer schnelllebigen Zeit nicht leicht, so braucht die Entwicklung vom Engerling zum Käfer 2-4 Jahre. Das sind 2-4 Jahre, in denen der Engerling gerne ungestört Zellulosereste verwerten möchte, ehe er sich verpuppt. Ursprünglich entwickelten sich die Tiere in den Laubresten, welches sich zwischen Ästen oder in einer Kuhle im Baumstamm verfangen hat, das sogenannte Mulm. Solche unberührten Lebensräume werden immer seltener, erst recht für einen derart langen Zeitraum. Doch der Nashornkäfer hatte tatsächlich noch Glück und konnte neue Lebensräume zum Besiedeln finden. So waren die ersten anthropogenen (von Menschen gemachten) Räume, in denen er sich heimisch fühlte, der Rindenabfall aus der Gerberei. Später kam noch der Sägemehl-Abfall aus den Sägewerken hinzu, wo er auch heute noch hin und wieder gefunden wird. Heutzutage findet man den Nashornkäfer manchmal auch im Gartenkompost. Die Engerlinge des Nashornkäfers ernähren sich von totem Pflanzenmaterial, besonders die Möglichkeit, Zellulose zu verdauen, ermöglicht ihm das Überleben. Wovon der ausgewachsene Käfer sich ernährt, ist tatsächlich strittig. Im Gegensatz zu den Engerlingen hat der Käfer ohnehin nur eine kurze Lebensspanne von ein paar Monaten, in denen die Priorität bei der Eiablage liegt. Hier kommt auch endlich das imposante Horn zum Einsatz, denn es dient dem Männchen, Nebenbuhler bei der Paarung niederzuringen. Der ausgewachsene Käfer ist nacht- und dämmerungsaktiv und hat die Fähigkeit zu fliegen, wodurch er sich eine neue Heimat in einem neuen Kompost suchen kann. Doch sobald er ein zuhause gewählt und die Eier abgelegt hat, braucht es viel Zeit, bis sich die nächste Generation entwickeln kann.

Am jüdischen Friedhof hatten wir Glück und der Komposthaufen blieb drei Jahre unberührt. Leider waren die räumlichen Kapazitäten für den Haufen erreicht, sodass Teile des Haufens nun abgetragen werden mussten. Um den Erhalt des Nashornkäfers wird sich aber gekümmert, denn die Ecke, wo die Kolonie entdeckt wurde, bleibt erhalten und wurde im Laufe der letzten Woche mit dem angefallenen Laub neu ausgestattet. Wir hoffen, der Nashornkäfer kann sich über diese Neugestaltung seines Habitats freuen und sich weiterhin so prächtig entwickeln!

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