Der BUND hat Klage gegen die Fällung einer rund 200 Jahre alten Platane am ehemaligen Bahnhofsgebäude „Belvedere“ in Köln-Müngersdorf eingereicht und diese damit vorerst gerettet. Da fortgesetzt Falschinformationen rund um dieses Verfahren in Umlauf gebracht werden, sollen hier einige der Behauptungen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden.
„Die Platane gefährdet den Bahnhof Belvedere.“
Alle bisherigen Gutachten, auch das zuletzt im Auftrag des Petitionsausschuss des Landtags erstellte (Mai 2023), kommen zu dem Schluss, dass der Baum nicht gefällt werden muss, um das Gebäude erhalten und sanieren zu können. Das Gutachten steht ja für jeden einsehbar im Ratsinformationssystem. Auf den S. 19-20 stehen die empfohlenen Handlungsoptionen. Dort ist am Ende bei der Option "Kappung der Wurzeln" zu lesen: „Diese Handlungsoption erfüllt weitgehend alle oben beschriebenen Ziele, jedoch mit gewissen Einschränkungen im Bereich b) Naturschutz und d) Bau/Unterhalt. Mit Blick auf die anzunehmende günstige Prognose bei dem Wurzelschnitt wird die Lösungsvariante als zielführender Kompromiss zwischen den divergierenden Interessen angesehen. Dieser Kompromiss wurde inzwischen erfolgreich umgesetzt. Die Behauptung ist also falsch.
„Es gibt ein überwiegendes öffentliches Interesse am ehemaligen Bahnhofsgebäude Belvedere.“
Es gibt ein öffentliches Interesse an dem denkmalgeschützten Gebäude, genauso aber auch an dem Geschützten Landschaftsbestandteil, zu welchem die rund 200 Jahre alte Platane zählt. Wenn der Baum das Gebäude gefährden würde, könnte das öffentliche Interesse zu Gunsten des Gebäudes überwiegen. Diese Gefahr ist aber von allen bisher beauftragten Gutachtern widerlegt worden (siehe oben). Vor diesem Hintergrund ist eine Befreiung von dem Schutzstatus rechtswidrig, denn nach § 67 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz darf eine Befreiung nur erteilt werden, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht. Dieses besteht aber faktisch nicht. Insofern gibt es auch keinen Anlass, das eine gegen das andere ausspielen zu wollen.
„Die Genehmigungsbehörde hat ihre Zustimmung zur Fällung des Baums erteilt.“
Die Bezirksregierung Köln als höhere Naturschutzbehörde und damit im vorliegenden Fall zuständige Genehmigungsbehörde hatte die Stadt mit Schreiben vom 12.06. sowie 08.11.2024 angewiesen, keine Befreiung zu erteilen, weil es einen Rechtsverstoß bedeuten würde. Mit Datum vom 13.01.2025 schrieb die höhere Naturschutzbehörde an die OB Reker: „Die Landesregierung hat mich angewiesen, die Weisung der höheren Naturschutzbehörde gegenüber
der Stadt Köln vom 08.11.2024 aufzuheben.“ Gleichzeitig hielt sie aber ausdrücklich an ihrer rechtlichen Bewertung unverändert fest.
Ein erstaunlicher Vorgang, denn die Bezirksregierung untersteht zwar politisch den Landesministerien, die Landesregierung darf sich aber nicht über die bestehende Rechtslage hinwegsetzen. Genau das hat sie aber offenbar getan. Am 16.01.2025 ließ der Leiter des Umwelt- und Verbraucherschutzamts daraufhin einen Befreiungsbescheid erstellen, am 24.01. zusätzlich die Anordnung zur sofortigen Vollziehung. Ob diese vor Gericht Bestand haben werden, wird sich zeigen.
„Es ist unverhältnismäßig, so viel Aufwand für einen Baum zu betreiben.“
Ein so alter Baum ist im Kölner Raum eine absolute Seltenheit. Er steht deswegen als Teil des Ensembles auch bereits seit 1938 unter Schutz. Es ist zudem sowohl aus naturschutzfachlicher als auch kulturhistorischer Perspektive unzweifelhaft, dass ein rund 200 Jahre alter Baum nicht durch wenige Jahre alte Neupflanzung ersetzt werden kann. Viele Kölner*innen kämpfen für den Erhalt ihrer Stadtbäume, weil diese gebraucht werden, aber fortwährend unter dem Druck anderer Interessen stehen und dabei zu oft den Kürzeren ziehen. Ferner ist absehbar: wenn bestehendes Recht durch bestimmte Verantwortungsträger erfolgreich angegriffen werden sollte, kann das zukünftig auch bei vielen anderen und auch größeren Eingriffen passieren. Dem gilt es aus BUND-Sicht vorzubeugen.