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Botanische Schatzkammer Sürther Aue

11. September 2023 | BUND, BUNDintern, Sürther Aue - Godorfer Hafen, Umweltbildung, Nachhaltigkeit, Naturschutz

Foto: Holger Sticht - BUND Köln

Das BUND-Betreuungsgebiet in der Sürther Aue entpuppt sich immer mehr als botanische Schatzkammer. Allein auf der Fläche, die im letzten Winter durch Entbuschung und Abschieben wiederhergestellt worden war und seit April durch die Sürther Eselherde besiedelt wird, konnten bislang über 220 Pflanzenarten festgestellt werden. Damit wurde die botanische Vielfalt innerhalb eines halben Jahres ungefähr verzehnfacht - so viel Erfolg macht Freude!

 

Waren für das gesamte Naturschutzgebiet in der Sürther Aue vor Übernahme der Betreuung des westlichen Teils durch den BUND im vergangenen Winter 9 gefährdete Arten bekannt, sind es nun 21! Besonders zwei der neu oder wieder entdeckten Rote-Liste-Arten stechen heraus: das Eiblättrige Tännelkraut (Kickxia spuria) und der Blaue Gauchheil (Anagallis foemina). Beide Arten sind nicht nur bundesweit gefährdet, sie gelten für unsere Großlandschaft bislang auch als ausgestorben! Nur durch die Naturschutzmaßnahmen der Stadt Köln und des BUND haben sie nun wieder eine Chance bekommen.

 

Dieses Beispiel zeigt noch einmal eindrücklich, wie wichtig es für den Schutz der biologischen Vielfalt ist, das Potenzial des jeweiligen Standorts zu beachten und gärtnerische Ideen hinten anzustellen. Denn oft können Samen über Jahrzehnte im Boden überdauern und müssen, wie im vorliegenden Fall, nur wieder durch geeignete Maßnahmen „wach geküsst“ werden.

Leider kommt es immer noch reflexartig zu Aussaaten oder Anpflanzungen, die für die lokale Vielfalt der Pflanzen und die auf sie angewiesenen Insekten von Nachteil sind. Samenbomben und Ausgleichsmaßnahmen sind immer gut gemeint, aber zu oft unbedacht und schlecht gemacht.

Auch das sieht man leider in der Sürther Aue: Nach der Wiederherstellung der Rohböden im vergangenen Winter keimte an einer Stelle eine mediterrane Samenmischung aus dem Baumarkt. Grüner Salbei, Graue Meerviole und Wegerich-Natternkopf müssen einer fehlgeleiteten „urban gardening“-Aktion entstammen, die ein Mitmensch vor 13 oder 14 Jahren auf der seinerzeit für den Hafenausbau gerodeten Fläche unternommen hatte. Da kann man nur sagen: kommt zum BUND und lasst euch helfen!

 

Eiblättriges Tännelkraut und Blauer Gauchheil gelten, ebenso wie die ebenfalls neu entdeckten und bei uns stark gefährdeten Spießblättriges Tännelkraut (Kickxia elatine) und Kleine Wolfsmilch (Euphorbia exigua), als Verbandscharakterarten der Haftdoldengesellschaften, die v.a. von basenreichen Lehmäckern und ihren Brachestadien bekannt waren. Diesen in Deutschland vom Aussterben bedrohten Lebensraumtyp, welchem die heutige industrialisierte Landwirtschaft keinen Raum mehr lässt, hatte allerdings bisher niemand auf der Rechnung. Denn die Ackernutzung war spätestens in 2008 eingestellt worden, ohne dass dieser Lebensraumtyp vorher dokumentiert worden war. Und niemand wusste genau, welche Bodenmaterialien in den letzten 100 Jahren in der Sürther Aue angeschüttet worden waren. Es kann sich dabei jedenfalls nicht allein um Rheinkies aus den Godorfer Hafen-Becken gehandelt haben.

 

Auch vor diesem Hintergrund hat sich unsere Entscheidung, auf Esel zu setzen, als goldrichtig erwiesen. Denn die Arten der basenreichen Lehmäcker wurden u.a. an Tritt- und Wälzstellen der Esel gefunden. Wichtig ist ja nur, dass immer wieder, analog zu Bedingungen in der ursprünglichen Landschaft, vegetationsloser Boden entsteht – durch welche dynamischen Einflüsse auch immer.

Ob die Eselbeweidung allein auf Dauer ausreicht, um diese seltenen Pflanzenarten zu fördern, wird sich zeigen. Dies ist Gegenstand unserer fortlaufenden Untersuchungen, die wiederum wesentliche Grundlage unseres Naturschutzmanagements sind. In jedem Falle bleibt es sehr spannend im BUND-Reservat Sürther Aue.

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